Verdun

Völlig unvorbereitet schlug er mit dem Bein auf den groben Belag der Landstraße. Das Grün der Böschung kam auf ihn zu, er glaubte sich fangen zu können, überschlug sich aber mehrmals, bevor er im Graben liegenblieb. Seine Wade meldete eine großflächige Schürfwunde mit scharfem, stechendem Schmerz. Nach wenigen Sekunden versuchte er aufzustehen. Man sollte liegen bleiben und in aller Ruhe prüfen, was kaputt ist, dachte er später. Vermutlich reagieren die meisten Leute so, weil es ihnen peinlich ist, einen Unfall gehabt zu haben und im Dreck zu liegen. Beim Aufstehen stach es in seiner Hand, der Ballen hatte tiefe Kratzer, Asphalt war durch die Reibung mit der Haut verschmolzen. Es brannte. Auf dem rechten Fuß konnte er kaum auftreten. Geprellt oder gebrochen? Er kroch aus dem Graben. Ein entgegenkommender Autofahrer, der seinen Sturz gesehen haben musste, war vorbeigefahren. Sein Liegerad lag halb auf der Straße. Er zog es unter Schmerzen Richtung Graben. Die Ursache des Sturzes war schnell klar. Die vordere Felgenbremse hing am tiefsten Punkt der Felge, nur noch vom Bowdenzug gehalten. Die Halteschraube hatte sich gelöst, das Rad war blockiert. Keine hundert Meter vor dem Sturz hatte er daran gedacht, dass ein Gabelbruch jetzt verheerend wäre und hatte angefangen zu bremsen. Er war noch etwa 30 km/h schnell gewesen. Hätte er nicht gebremst, wäre die Bremse wohl nicht jetzt abgefallen, sondern später, wer weiß in welcher Situation. Nutzlose Überlegungen. Der Rucksack samt Zelt hing noch am selben Platz hinter der Lehne. Der Stoffbeutel mit Lebensmitteln und Wasser lag zwei Meter hinter dem Rad, ein Träger gerissen, seitlich waren Löcher in den dünnen Baumwollstoff gescheuert. Schwarze Kunststoffteile lagen verstreut am Boden, er las sie auf.
Er musste an die Stellungskriege denken, die hier vor 100 Jahren zwischen Metz und Verdun gewütet hatten. Irgendeine Granate war zu nahe neben ihm eingeschlagen. Er hätte in der Deckung des Grabens bleiben sollen.
Ein Rennradfahrer kam den Hügel hoch und fragte, ob alles in Ordnung sei. Er besah sich die Wunden und fragte, ob alle Bewegungen möglich seien. Den Autofahrer kommentierte er mit „En France, pas de vigilance.“ Er schob seine Radlerhose hoch, zeigte eine große Narbe: Zu schnell in eine Kurve, jetzt mit einer langen Stahlstange im Oberschenkel. Noch ein Versehrter, dachte er, der Krieg ist ein Wahnsinn. Als der Rennradfahrer weg war, fing er erst einmal an den Zustand des Rades zu prüfen. Er humpelte um den Schrotthaufen. Neben der Bremse, von der er annahm, dass er sie reparieren könnte, war das Schaltkettchen gerissen und die vordere Sitzhalterung – ein Spezialteil – war gebrochen. Er kramte das Werkzeug aus dem Rucksack. Beim Bücken ein widerliches Stechen am Steißbein. Er fasste hinten an die Hose: kleinere Löcher im Stoff der neuen blauen Hose mit dem Punktmuster, ein Taschenknopf fehlte. Er war also auch auf dem Steißbein aufgeschlagen. Fühlte sich nach einer ordentlichen Prellung an. Den 8er Schlüssel für die Bremse hatte er nicht dabei. Und für einen einwöchigen Urlaub hatte er sich auch entschieden die schwere Zange nicht mitzunehmen. Also gab es bis zur nächsten Werkstatt nur noch die hintere Bremse, von der er wusste wie schwächlich sie wirkte. Die reichte ab fünf Prozent Gefälle nicht einmal, um das Rad zum Stehen zu bringen. Und bergauf ohne Schaltkettchen? Mit dem Tretlagergetriebe gab es nur noch zwei Gänge, den fünften und den zehnten. Das würde mühsam, bergauf schieben, bergab mit den Füßen bremsen, fast unmöglich in seinem Zustand. In Frankreich fahren fast nur Rennradfahrer und die mit Kettenschaltung. Hier einen Fahrradladen zu finden, der ein Sturmey & Archer Schaltkettchen da hat: eher unwahrscheinlich. Fluchend machte er einen Knoten in den gerissenen Träger des Stoffbeutels, bücken war ätzend. Als er das Rad aufrichtete, stöhnte er auf. Mit dem Fuß Rad fahren? Irgendwie musste er in die nächste Stadt kommen. Oder trampen, das Rad war faltbar, es passte in einen PKW. Aber nach den letzten Anschlägen war das sicher schwieriger. Er setzte sich auf das Rad, wäre gerne wieder aufgesprungen vor Schmerzen am Steiß, aber der Versuch tat noch mehr weh, also blieb er gequält sitzen. Als keine Autos zu sehen waren, fuhr  er an und wäre beinahe wieder gestürzt: Der Fuß stach und der lose Sitz wackelte seitlich hin und her. Es fühlte sich an als säße er auf einem großen Gymnastikball. Wenn er das Gewicht ganz auf eine Seite verlagerte, ging es einigermaßen. Bis Jarny waren es endlos weite 19 km. Puxieux, Mars-la-Tour. Wo ist das Lazarett? Entfernte er sich von der Front oder brach das Rad gleich wieder unter ihm zusammen? Die leicht wellige Landschaft in der Sonne, die Äcker schon geerntet, die meisten gepflügt und geeggt. Es fiel ihm schwer sich darauf zu konzentrieren. Urlaub war es nicht. Bei jeder Bodenwelle schmerzte das Steißbein, ein einziger blauer Fleck. Er drückte sich mit den Armen vom Sitz hoch, aber auf Dauer war das zu anstrengend. Vor Ville-sur-Yron beschloss er, dass er getrost vor Jarny auch noch eine Nacht zelten konnte, die Schmerzen blieben ohnehin. Die Nacht würde grausig werden im engen Schlafsack mit all den Schürfwunden. Neben dem Wäldchen zwischen Ville-sur-Yron und Fiauville fand er nach einigem Herumgestakse auf einem Feldweg einen Nachtplatz. Er wollte am nächsten Tag entscheiden, ob er die Reise fortsetzen könnte. Mit reparierter Schaltung und Bremse ja, sonst nein. Als er seine Hose auszog, ungelenk und mit ver-zerrtem Gesicht, sah er sich im Jahre 1916 im Lazarett. Wegen solcher Verletzungen war damals sicher keiner behandelt worden. Auf der Innenseite des Hosenbunds, ordentlich auf das Etikett mit den Waschhinweisen genäht, fand er einen Ersatzknopf. Er würde ihn annähen, auch wenn die Hose jetzt Löcher hatte.
Am nächsten Morgen konnte er besser auftreten, aber als er seinen geschwollenen Knöchel sah, der ganze Fuß war blau und angesichts der unruhigen Nacht, brach er die Reise ab und setzte sich in Jarny in den Zug nach Hause. Die Besichtigung der Festungsanlagen bei Verdun musste warten. Erstmal das Rad reparieren, den Knopf annähen und ausschlafen.

Arndt Last, 17.8.2016

 

Sixties

Eine riesige Sechs und eine gelbe Schallplatte als Null. Völlig sinnloses Plakat. Seit sechs Jahren hängt es jetzt schon da an der Wand, dachte er. Er war fassungslos. Hatte sie „fünf Kilogramm“ gesagt? „Nicht mehr als fünf Kilogramm!“?
Seit sie schwanger war, verstand er sie immer häufiger nicht. Erst war ihr dauernd schlecht geworden, so dass sie sich kaum noch aus dem Hause traute. Dann kam die Geschichte mit ihrer Panik vor dem Straßenbahnfahren. Sie hatte wachsende Angst beim Aussteigen zu fallen. Und jetzt wollte sie nichts mehr heben oder tragen, was mehr als fünf Kilo wiegt. Er sah sie an. Das Bügeleisen schien ihre Hand, ihren ganzen Arm hin und her zu ziehen. Wie ein Auto von alleine durch die Waschstraße rollt. Hinter ihr an der Wand das Plakat. „Sixties“. Als sie damals das Musikfestival besucht hatten, war ihre Beziehung einfacher, frischer, lockerer gewesen. Was wiegt fünf Kilo? Sollte er jetzt jeden Einkauf erledigen? Wann denn? Als hätte er sonst nichts zu tun. Was wiegt ein Aufwischeimer? Er hatte keine Ahnung.
Abrupt stand er auf und stieß dabei den Kerzenleuchter um. Die Programmzeitschrift rutschte vom Tisch. „Ich bin gegen neun zurück.“ murmelte er, als er an ihr vorbeikam. Im Flur nahm er das Faltrad und verließ die Wohnung. „Sixties“, dachte er und erschrak über das Geräusch der Tür, die heftig ins Schloss fiel.

Arndt Last, 1.6.1996

 

Das Oberste zuunterst

Das siebzehnstöckige Hochhaus an der Erwin-Böhmer-Straße musste versetzt werden. Es hatte Jahre gedauert, bis alle Betroffenen sich nach endlosen Debatten in allen politischen Instanzen, Dutzenden von Gerüchten, Dementis und dem Rücktritt des Baudezernenten darüber einig geworden waren. Der Entschluss stand fest, so schien es zumindest, und so wurde nach der günstigsten Möglichkeit der Durchführung des Projektes gesucht.
Allen Beteiligten war klar, das es auf Grund des akuten Mangels an Baumaterial nicht möglich sein würde, erst das neue Gebäude knapp zweihundert Meter weiter zu errichten und dann nach der Umsiedlung der Bewohner das alte abzutragen. Also mussten zuerst die Bewohner des alten Hochhauses in Notquartiere umgesiedelt werden, dann konnte das Haus abgetragen werden und mit dem gewonnenen Baumaterial der Aufbau auf dem neuen Grundstück begonnen werden. Gegen diese Vorgehensweise schwappte dem Stadtrat von Seiten der Mieter und Wohnungseigentümer des Gebäudes eine unerwartete Flut von Protesten entgegen: in Notquartieren zu hausen und seien sie noch so hochwertig, zentral gelegen und mit einigem Sonderkomfort ausgestattet, kam für viele der Bewohner nicht in Frage. Schon zwei Wochen nach bekannt werden dieses Planes war an seine Durchführung nicht mehr zu denken.
Wer die ehrgeizige Idee gehabt hatte, das komplette Gebäude, ein Stockwerk nach dem anderen, abzutragen und einige Steinwurf weiter, Stockwerk für Stockwerk wieder neu zu errichten, ließ sich später nicht mehr klären. Vermutlich war sie aus der Kenntnis heraus entstanden, dass das Haus aus Fertigbauteilen gefertigt worden war, die sich relativ schnell demontieren und wieder zusammensetzen lassen würden. Jedenfalls fand dieser Vorschlag eher das Wohlwollen der Betroffenen. Wohl auch, weil er von der Presse anfangs euphorisch begrüßt, ja bejubelt worden war. Nirgends hatte es bisher ein solch futuristisches, zukunftsweisendes Projekt gegeben. So waren die ”Leute aus der Erwin-Böhmer-Straße”, wie sie bald hießen, bereit sich auf dieses Unternehmen einzulassen.
Da die Verwaltung diese für sie positive Entwicklung der Dinge unumkehrbar zu machen bestrebt war, begann das Abtragen des obersten Stockwerkes schon einige Wochen später. Die Bewohner des obersten Stockwerks wurden samt Hab und Gut ausquartiert und konnten schon wenige Tage später in ihr neues Heim einziehen.
Erst nach den ersten Umzügen wurden bei diesen Pionieren des Projektes kritische Stimmen laut: sie saßen inmitten einer vom allgegenwärtigen Gesteinsmehl verstaubten Wohnung in einer lärmenden Großbaustelle und stellten erste Mängel fest. Die Risse im Putz wurden zu Recht bemängelt und von der Bauleitung schleunigst beseitigt. Bei den durch das Zerlegen der Wände gerissenen Tapeten einigte man sich, dass jeder eine Entschädigung erhalten würde, mit der er einen Tapezierer bezahlen konnte. Die Grundrisse der Wohnungen waren beibehalten worden, schon der Einfachheit halber. Bei der Ausrichtung des Wohnblocks hatte man allerdings auf die Lage des neuen Grundstücks Rücksicht nehmen müssen. So lagen die ehemaligen Südfenster nun in Richtung Südwesten. Das gab Anlass zu neuen Klagen. Warum niemand daran gedacht hatte, dass die Bewohner des siebzehnten Stockwerks nun nicht mehr die gewohnte Aussicht haben würden, konnte nur als Planungspanne betrachtet werden. Auch hier fand sich eine Lösung, die allerdings erst nach Beendigung der Baumaßnahmen umgesetzt werden konnte: ein Tauschbüro sollte später zwischen den Bewohnern vermitteln und so beim Wechsel in andere Wohnungen der gewünschten Lage oder im früheren Stockwerk behilflich sein. Die dabei erwarteten Streitereien wurden von der Wirklichkeit in einem solchen Maße übertroffen, dass viele der Tausch¬willigen vor Gerichten endeten.
Nachdem die ersten heftigen Debatten über Details der Durchführung ausgebrochen waren, wich auch die Begeisterung der Presse einer abwartend - beobachtenden Haltung, die es ihr jederzeit ermöglichen würde, nach einem weiteren unmerklichen Meinungsschwenk auf die Verantwortlichen herabzustoßen und ihren Kopf zu fordern.
Die ersten Wochen blieb das neue Haus ohne Eingangstür, da die Haustür des alten Hauses als letztes ausgebaut werden würde. Ein Einbruch im ersten Stock des Neubaus brachte den Einwohnern eine massiv gezimmerte, schwergängige Tür aus Baubohlen, die später oft offen stand, weil sie sich schlecht schließen ließ.
Der Aufzug, dessen Antriebshaus sich auf dem Dach des alten Gebäudes befunden hatte, und den die Bauarbeiter als erstes abgebaut und beiseite gelegt hatten, wurde im alten Gebäude zuerst vermisst. Da sich keine saubere Lösung dieses Problems finden wollte, wurde ein Notaufzug, der eigentlich für Lasten gedacht war, an dem Baugerüst befestigt, um zumindest den älteren und schwergewichtigen Menschen einen zwar schwindelerregenden – der Lift bestand aus einem zementverschmierten Drahtkäfig mit Gitterblechboden – aber immerhin halbwegs unbeschwerlichen Aufstieg zu ermöglichen. Jede Woche musste der Liftbetrieb für ein paar Stunden unterbrochen werden, um den Lift abbauen und ein Stockwerk tiefer wieder montieren zu können.
Nachdem vier Stockwerke versetzt worden waren, wurden weitere Schwierigkeiten offensichtlich. Auch für den Neubau wurde ein Notaufzug benötigt, da es zu umständlich gewesen wäre, den schweren Aufzug des alten Gebäudes jede Woche ein Stockwerk höher zu setzen. Die Beschaffung eines zweiten Lastenaufzugs war aber nicht ohne weiteres möglich, da für ein Bauunterfangen üblicherweise nur ein solcher Aufzug genehmigt werden konnte. Längere Verhandlungen hatten erst mit Verweis auf die Bedeutung des Projekts und die schwierige Lage aufgrund der beiden räumlich getrennten Baustellen Erfolg. Der geplante Einsatzzweck des Aufzuges wurde bei diesem Antrag verständlicherweise verschwiegen.
Um alle im Durcheinander der Baustelle über die kleinen aber wichtigen Dinge des täglichen Lebens, etwa wo die Wunschlisten für den späteren Wohnungstausch aushingen, auf welchen Kanälen derzeit ohne Abschattungen durch die engstehenden Nachbargebäude ein ordentlicher Fernsehempfang möglich war oder wann die ständig unterbrochene Wasserversorgung wieder für wie viele Stunden in Betrieb sein würde, zu informieren, wurde schon bald eine Anzeigetafel beeindruckender Größe aufgestellt. Diese war sogar von einem lokalen Künstler gestaltet worden. Das führte, wie meist in solchen Fällen, zu Bemerkungen darüber, ob das Geld nicht hätte sinnvoller angelegt werden können.
Die Stromversorgung war meist gesichert, zumindest solange die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Ein knappes Jahr später, zu einer Zeit also, als die Begeisterung über das Projekt längst in ein allgemeines Lamentieren über die vielen Nachteile der Vorgehensweise umgeschlagen war, stellte sich die Methode, mit jedem Stockwerk auch die dazugehörigen Elektroinstallationen umzusiedeln, im nachhinein als sehr ungünstig heraus: die vielen dabei entstandenen Verbindungsstellen der wieder zusammengeflickten Kabel führten immer häufiger zu Versorgungsunterbrechungen durch korrodierte Kontakte und noch später vereinzelt sogar zu Kabelbränden. Die Telefon-, Klingel- und Fernsehantennenleitungen waren fast noch schlimmer von diesem Übel befallen. Waren auch die Folgen weniger schwerwiegend, schränkten sie doch das allgemeine Wohlbefinden der Einwohner empfindlich ein. Das Telefonieren förderte in den ersten Monaten eher den Kontakt zwischen einander vorher völlig unbekannten Personen, als das es eine Kommunikation mit dem gewünschten Partner ermöglicht hätte. Das Klingelsystem sollte sich von dem vernichtenden Schlag hunderter schlecht oder falsch verbundener Leitungen nie wieder erholen. Es wurde in Privatinitiative durch technisch anspruchslose, dafür aber erstaunlich gut funktionierende Einrichtungen ersetzt, deren Installation regelrechte Wettbewerbe entfachte. So fanden sich über Seilzüge betätigte Glocken, fest aufgebaute Steinchenschleudergeräte für die unteren Stockwerke, an der Außenfassade verlegt Direktverdrahtungen und sogar ein in einem Regenwasserablaufrohr eingebautes hydraulisches System, das ein Schild im Inneren einer Wohnung betätigte.
Da die umfangreichsten Arbeiten im Sommer stattfanden, blieb den Bewohnern der beiden Häuser ein eisiger Winter ohne nennenswerte Heizung erspart. Die unzähligen, kurzen, lieblos abgetrennten Rohrstücke widersetzten sich den Versuchen der Heizungsinstallateure im neuen Haus eine funktionierende Zentralheizung zusammenzusetzen. Noch nach Jahren wurden die Mieter von kleineren Lecks und größeren Rohrbrüchen im Heiz-, aber auch im Frischwassersystem heimgesucht.
In den Medien wurde die Berichterstattung von Monat zu Monat kritischer. Als der Neubau fertig war, lobten selbst die positivsten Stimmen nur noch sehr vorsichtig den zügigen Umzug, die problemlose Tiefgarage, die, abgesehen von Zeiten in denen Zufahrten mit schwerem Baugerät zugestellt waren, immer benutzbar gewesen war und den Müllabwurfschacht, der sich – früher ein ständiges Ärgernis wegen der Lärmbelästigung – als äußerst zuverlässig erwiesen hatte. Noch nach Jahrzehnten wurde das Projekt in Lehrbüchern als Beispiel für alle möglichen Fachrichtungen verwendet, da sich daran viele fachliche und zwischenmenschliche Aspekte beleuchten ließen.
Die „Leute aus der Erwin-Böhmer-Straße“, sofern sie nicht gleich zu Beginn der Bauaktivitäten weggezogen waren, lebten derweil längst wieder in geordneten Bahnen und hatten sich mit den vielen kleinen Provisorien und Unzulänglichkeiten abgefunden und sie teilweise sogar liebgewonnen.

Arndt Last, 1987

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